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Beim Gedanken an eine Wohnmobilreise durch Kanadas wilden Nordwesten schlägt so manches Camperherz höher! Die Routen führen entlang kaum befahrener Straßen, vorbei an grandiosen Naturschauplätzen und Geheimnissen aus längst vergangenen Tagen. Ganz unberührt von Stress und Hektik des Alltags warten hier Einsamkeit und Abenteuer inmitten der Wildnis – der Weg ist das Ziel!

In der Vergangenheit war eine solche Wohnmobilreise bisweilen mit lästigen Umwegen verbunden – in den Northwest Territories gab es keine Mietstation und jeder Weg musste mangels alternativer Straßen auch wieder retour gefahren werden. Es war ein wahrer Befreiungsschlag, als im letzten Jahr eine Fraserway Station in Yellowknife ihre Türen öffnete! Durch das neue Angebot einer Wohnmobil-Einwegmiete ab bzw. bis Whitehorse im Yukon oder Yellowknife in den NWT haben sich schlagartig zahlreiche bislang undenkbarer Möglichkeiten bei der Routenplanung im Norden Kanadas aufgetan.

In Frankfurt beginnt unsere große Reise. Die Condor bringt uns auf direktem Wege nach Whitehorse im Yukon. Hier erwartet uns bereits unser Zuhause für die nächsten drei Wochen: Ein Truck Camper von Fraserway. Stolze 3.000 km werden wir mit ihm zurücklegen, bevor wir in Yellowknife das Ziel unserer Reise erreichen. Schon am nächsten Morgen geht es los. Von Whitehorse startet unsere Tour über Teslin und Watson Lake im Yukon, dann weiter über den Muncho Lake Provincial Park und Fort Nelson im nördlichen B.C., bis wir schließlich kurz vor Fort Liard die Grenze zu den Northwest Territories überqueren. Die Northwest Territories … Inbegriff von Wildnis und Einsamkeit!

Wir befinden uns mitten auf einem Teilabschnitt der Deh Cho Travel Connection – eine aufregende Reiseroute durch die wilde Schönheit Nordwest-Kanadas. Auf kaum befahrenen, aber gut gewarteten Straßen und Schotterpisten folgt sie den Spuren der Händler und Pioniere, die den Norden Kanadas vor Jahrhunderten erkundeten. Die Welt rund um die Deh Cho Reiseroute wird von mächtigen Flüssen beherrscht. Mackenzie, Hay und Liard River prägen neben hundert weiteren ungezähmten Flüssen die Szenerie.

Auf dem Liard Highway fahren wir zunächst in nördlicher Richtung. Die gut befahrbare Schotterstraße bietet uns gigantische Panoramaausblicke auf die Nahanni Mountains und den Liard River, besonders im Blackstone Territorial Park. Eines unserer großen Etappenziele ist das geschichtsträchtige Städtchen Fort Simpson. Einst ältesten Handelsniederlassung der Hudson’s Bay Company, ist es heute  der größte Ort der Region und perfekter Ausgangspunkt für einen Ausflug in den Nahanni National Park. Der Park zählt zu den schönsten Nordamerikas und ist nur per Boot oder mit dem Wasserflugzeug zu erreichen. Da die Touren ausschließlich bei gutem Wetter angeboten werden, sollen wir mindestens 3 Nächte in Fort Simpson einplanen, so die Empfehlung. Doch bereits am ersten Tag  scheint frühmorgens die Sonne! Wir entscheiden uns für eine Flightseeing-Tour in einer Twin Otter von Simpson Air. Unser Pilot fliegt direkt an den imposanten Virginia Falls und den tiefen Schluchten vorbei, die das Landschaftsbild des Parks prägen. Der South Nahanni River schlängelt sich hier durch tiefe Canyons, so dass der Blick aus der Vogelperspektive ein überwältigendes Bild abgibt. Aus dem Flugzeug sehen wir Karibus, Dallschafe und – ja es ist wahr – zwei Grizzlybären!

Einsteigen und Türen schließen – die Fahrt in unserem Truck Camper geht weiter Richtung Osten. Im Sambaa Deh Falls Territorial Park genießen wir von einem Hochplateau aus einen traumhaften Ausblick über den Trout River. Mit etwas Glück kann man hier interessante Fossilien finden! Aber wir schaffen es nicht, den Blick vom Horizont zu wenden – die Fossilien müssen warten…

Der Highway No. 1 ist als „Wasserfallroute“ bekannt. Die nächsten auf unserer Must-See-Liste sind die malerischen Lady Evelyn Falls. Wir entscheiden uns, den ganzen Tag an diesem Fleckchen Paradies zu verbringen, die Füße ins feuchte Nass zu halten und mit der Angel nach dem Abendessen zu fischen – die Chancen auf Äschen und Hechte stehen nicht schlecht! Und was gibt es schöneres, als den frisch gefangenen Fisch direkt am Ufer über dem Lagerfeuer zu grillen? Dazu ein kühles Bier – perfekte Glückseligkeit!

Entlang der „Wasserfallroute“ führt uns die Strecke nun weiter Richtung Hay River am südlichen Ufer des Großen Sklavensees. Im nahegelegenen Twin Falls Gorge Territorial Park unternehmen wir eine kurze Wanderung zwischen den Alexandra und Louise Falls hindurch und werden Zeuge des kraftvollen Naturschauspiels der Wasserfälle. Wir haben längst germerkt: Es ist gut, dass wir etwas Zeit mitgebracht haben. Überall entlang der Strecke bieten sich tausende von Möglichkeiten, inmitten dieser imposanten Wildnis aktiv zu sein: Angeln, Wandern, Biken. Kajakfahren, Kanutouren, Klettern. Tierbeobachtungen und – logisch – Fotografieren.

Also, Kamera parat und ab in den Wood Buffalo National Park im Südosten der Northwest Territories! Der Park erstreckt sich über die Provinzgrenze hinaus bis nach Alberta und ist der größte Nationalpark Kanadas. Rund 6.000 Bisons sind hier zu Hause und bilden die weltweit größte frei lebende Gruppe von Waldbisons. Es dauert nicht lange und wir entdecken einige prachtvolle Exemplare auf einer Lichtung! Kaum zu glauben, dass sich diese bulligen Riesen rein vegetarisch ernähren. Aber auch irgendwie beruhigend …

Über Hay River fahren wir zurück nach Norden und biegen an der Kreuzung von Highway No. 1 und No. 3  ab in Richtung Yellowknife. Die beschauliche Hauptstadt ist mit ihren nur 19.000 Einwohnern die größte Stadt der Northwest Territories und kann als echte Pionierstadt bezeichnet werden. In ihrer historischen Altstadt kann man noch heute die Atmosphäre der Goldgräberstimmung rund um den Großen Sklavensee spüren.

Am Ufer des Sees werden wir heute Abend Zeuge eines weiteren eindrucksvollen Naturschauspiels. Wie von Zauberhand zeichnen sich zarte, wirbelnde Lichtschleier aus sonderbaren Farben und Mustern am Himmel – Polarlichter! Sie scheinen nur für uns zu tanzen… Könnte es einen schöneren Abschluss dieser Traumreise geben?!

Nach der Rückgabe unseres Truck Campers fliegen wir am nächsten Tag mit Air North zurück nach Whitehorse, wo bereits der Transkontinentalflieger der Condor auf uns wartet. Good Bye, Northwest Territories – wir kommen wieder!